My … is better than yours! Der Streit um die Wortmarke Bauhaus: New Tendency

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Man weiß nicht, ob man Angst bekommen oder lachen soll. „In 50 oder 100 Jahren wird niemand mehr den Unterschied zwischen der historischen Schule von Gropius und dem Baumarkt wissen“, so das Statement von Robert Köhler, Pressesprecher der Bauhaus AG, Anfang Januar. „Vielleicht in Deutschland, aber nicht in anderen Ländern.“ Es geht um das Bauhaus. Heinz Georg Baus, Gründer der gleichnamigen Baumarktkette nutzte 1960 die Gunst der Stunde und ließ die Marke Bauhaus schützen; heute ist sein Bauhaus die zweitgrößte Baumarktkette Deutschlands. Der Skandal entfachte zu Jahresbeginn eine Debatte über die Wortmarke „Bauhaus“, Zündstoff dazu lieferte ein Artikel im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung. „Wem gehört das Bauhaus“ fragte Journalist Markus Zehentbauer und portraitierte auf kluge Weise die Geschichte der Weimarer Gruppe „My Bauhaus is better than yours“.

Seit Herbst 2012 gibt es das Unternehmen „My Bauhaus is better than yours“ nicht mehr – oder halt, es gibt es doch noch, aber dazu später mehr. Das offene Netzwerk hat sich 2009 aus einer Freundschaft heraus entwickelt und sich als Studenteninitiative der Bauhaus-Universität Weimar mit der Gruppenausstellung „My Bauhaus is better than yours“ auf der Mailänder Möbelmesse etabliert. Dieses arbeitet an den Schnittstellen zwischen konzeptionellem Möbel-, Mode- und Grafikdesign. „Der Bezug zum historischen Bauhaus ist nur teilweise gegeben“, erzählt Manuell Goller, einer der drei Köpfe hinter dem jungen Label. „Aber die Grundidee, Departments aufzulösen und interdisziplinären Austausch zu fördern, ist wesent-licher Bestandteil von New Tendency. Wir verstehen uns nicht als reines Möbellabel, sondern suchen den Austausch mit Mode-, Grafikdesignern und befreundeten Architekten“

Das Bauhaus hat alle Mitglieder des Netzwerks durch ihr Studium in Weimar geprägt. „Den Slogan hat Daniel Burchard getextet“, erinnert sich Manuel Goller. „Bauhaus-Café, Henry-van de-Velde- Gebäude, Haus am Horn – Das Bauhaus hat uns ständig umgeben. ‚My Bauhaus is better than yours‘ hat uns geholfen, den Mythos aufzubrechen und uns Mut gemacht, uns an eigenen Interpretationen zu versuchen.“
Was mit einem Plakat angefangen hatte und mit einer Baumwolltasche international für Aufsehen sorgte, wurde letzten Sommer mit einem Anwaltsschreiben gestoppt. Bei einem Streitwert von 250.000 Euro kann man nur noch kurz mit den Schultern zucken: Was soll’s? Die Nachfolgeinstitutionen hatten in den Nachkriegsjahren schlichtweg versäumt, den Namen „Bauhaus“ zu schützen. Da ist es heute nicht nur für junge Unternehmer schwer, sondern auch die großen Bauhaus-Institutionen in Berlin, Weimar und Dessau haben im Kampf um die Warenklassen kaum eine Chance gegen den Baumarkt. Was wohl Gropius dazu sagen würde, dass die Markenrechte an dem Begriff „Bauhaus“ einem Baumarkt gehören? Jetzt nennt sich die Weimarer Firma „New Tendency“. Sie hatten auch andere Namen überlegt, „My Dada is better than yours“ zum Beispiel. Mit ihrem neuen Namen setzten sie ein positives Zeichen. Nach erfolgreichen Ausstellungen in Mailand und Beirut, auf der Art Berlin Contemporary und im Weltkulturen Museum Frankfurt sowie Kooperationen mit dem Kunstverein München, der Barbican Art Gallery London und dem Vitra-Haus in Weil am Rhein wurden sie nun kürzlich für den German Design Newcomer Award 2013 nominiert. Anfang Februar eröffnet die Gruppe übrigens ihr neues Büro mit Showroom in Berlin-Neukölln, direkt neben der Bruno-Taut-Siedlung in der Ossastraße. Die Jungs von New Tendency sind nicht zu stoppen – Namen sind zum Glück eben nur Schall und Rauch.

„Für uns ist der Vorgang abgeschlossen“, sagt der Robert Köhler, Pressesprecher des Baumarkts, heute. „Wir möchten betonen, dass wir unsere bekannte Marke gegen gewerbliche Nachahmer verteidigen. Unser Vorgehen richtet sich nicht gegen die Museen und Hochschulen, welche das ideelle Andenken der 1933 aufgelösten Bauhaus-Schule bewahren. Zu diesen pflegen wir seit Jahrzehnten eine harmonische Koexistenz. Gesprächsangeboten dieser Institution stehen wir offen gegenüber.“ Klingt friedlich. Die Diskussion bleibt und macht auf etwas ganz anderes aufmerksam: Den wachsenden Kulturverlust der heutigen Gesellschaft. (Jeanette Kunsmann)

www.newtendency.de

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www.baunetz.de/woche

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