Gestern Abend also endlich die Nachricht, Ai Weiwei sei frei. Was zunächst noch als wage Vermutung im Netz kursierte, bestätigte sich mit dem ersten Interview und einem DPA-Foto. Ein kurzes Aufatmen, Freude, Erleichterung. Doch wie wird sich der Fall Ai Weiwei weiterentwickeln? Der chinesische Künstler ist schließlich längst mehr als einer der Regimekritiker der Volksrepublik – nach achtzig Tagen Haft symbolisiert er alles, was gegen die Politik Chinas spricht, in einer Person, ja, er wird sogar auf Jutetaschen ikonisiert. Das Schicksal des Nobelpreisträgers Liu Xiaobo scheint dagegen längst vergessen.
Ai Weiwei wurde nun gegen Kaution frei gelassen. Er steht unter Hausarrest und darf nicht reden. Alle Vorwürfe der Steuerhinterziehung und Korruption habe er bestätigt und gestanden, deshalb durfte Ai nach Hause. Es ist eine äußerst prekäre Situation. Ai Weiwei ist schon länger in einem chinesischen Käfig gefangen, aus dem es nur schwer einen Ausweg geben wird. Selbst wenn er eines Tages das Land verlassen darf, China wird niemals die Ausreise der gesamten Familie gestatten. Es ist ein tragisches Schicksal, dass wir nur von außen beobachten dürfen. Der Westen darf sich durch die plötzliche Freilassung nicht täuschen lassen – es ist erst der Anfang eines langen Kampfes gegen die Staatsapparatur der Volksrepublik. (Jeanette Kunsmann)