Herr F. hat sie in der Hand, die Schlüssel zum Glück. Oft kommt er fünf Minuten zu spät, dann muss er nicht warten und auch nicht allen Interessenten umständlich die Tür aufhalten. Er grüßt kurz in die Runde, schließt dabei die Haustür auf, geht schnellen Schrittes voran und verteilt die Bewerbungsbögen in der Küche. Manchmal ist er auch aber schon etwas eher da – dann, wenn er sich selbst vorher noch mal ein Bild machen will.
Immobilienmakler: das ist einer dieser Berufe, die von vielen als unehrenhafte Tätigkeit gesehen werden – so, wie es mal der Zöllner war. Dabei ist es doch ein wichtiger Job, Wohnungen zu vermitteln. Der Ärger beginnt mit den Provisionen: Äquivalent zu den hohen Mieten ist die Makler-Courtage ebenfalls enorm gestiegen – da genügt es häufig nicht mehr, den Sommerurlaub zu streichen. Doch vielleicht wurde einfach nur die Rollentverteilung missverstanden: Müsste nicht eigentlich der Vermieter, und nicht der Mieter den Makler bezahlen?
Und dann dieses Maklerdeutsch, eine Sprache mit eigenen Codes: hinter „Gartennutzung“ verstecken sich dunkle Wohnungen im Erdgeschoss, ein „charmanter Altbau“ kann eine Bruchbude sein, „ruhige Lage“ heißt ab vom Schuss, „verkehrsgünstig gelegen“ ist meistens irre laut und „neuer Holzboden“ meint Laminat. Die Tricks sind bekannt, trotzdem mag es niemand, angelogen zu werden.
Die Wohnung, die Herr F. heute zeigt, ist gar nicht mal so schlecht, aber doch etwas zu klein. Der Makler scheint gut gelaunt und beantwortet bereitwillig ein paar Fragen:
Makler in Berlin, ein Traumjob? Immerhin werden auffallend mehr Provisionen in Rechnung gestellt.
Ja, man merkt da einen deutlichen Anstieg. Viele Hausverwaltungen wollen sich nicht mehr um die Vermittlung ihrer Wohnungen kümmern, diese Sonntagsbesichtigungen sind ja auch nicht besonders familienfreundlich. Und im Anzeigen erstellen: Da sind wir Makler einfach besser.
Wie kann man eine schlechte Wohnung gut anpreisen? Verraten Sie uns ein Beispiel?
Ach, da gibt es so einige Möglichkeiten. Für die dunkle Wohnung im Erdgeschoss zeigt man in der Anzeige Fotos von der Wohnung drei Etagen höher und bei renovierungsbedürftigen Wohnungen erlässt der Vermieter ein paar Kaltmieten. Unglaublich, dass sich heute immer noch genügend Freiwillige finden, die gerne Dielenböden abschleifen wollen.
Warum ist der Wohnungsmarkt in Berlin so unentspannt?
Finden Sie? Ich denke eher, die Berliner sind unentspannt. Vor zehn Jahren gab es noch nicht so hohe Ansprüche, da wollten man vor allem günstig wohnen und hat dafür auch die Ofenheizung in Kauf genommen. Heute wollen alle in den einschlägigen Bezirken wohnen und nicht am idyllischen Stadtrand, dabei sind die Verkehrsanbindungen doch gut ausgebaut. Die Leute wollen Luxus, sind aber nicht bereit dafür zu bezahlen.
Wie wohnen Sie denn?
Oh, ich habe das Glück, dass ich das Haus meiner Eltern geerbt habe – das ist sehr schön und gemütlich, aber natürlich etwas außerhalb gelegen. Ich mag die Ruhe in meinem Garten, in Kreuzberg oder Mitte würde ich niemals wohnen wollen. Für mich ist es ja egal, wo ich in Berlin wohne, da ich immer einen anderen Weg zur Arbeit habe und sowieso den Hauptteil meiner Arbeitszeit mit dem Auto unterwegs bin.
Sind Sie bestechlich?
Nee, muss ich auch gar nicht. Ich verdiene ja ganz gut, Tendenz steigend.
(Er grinst) Und, wie finden Sie die Wohnung?
(Das fiktive Gespräch fand im Frühling 2013 während einer Wohnungsbesichtigung in Berlin statt.)
Ha!