Es klirrt und klimpert: Aus über 100 Millionen Porzellan-Sonnenblumenkerne besteht die graue, zehn Zentimeter hohe Fläche auf dem Boden der gewaltigen Turbinenhalle. „Sunflower Seeds” heißt die neue Installation der Unilever-Serie in der Tate Modern, die heute eröffnet worden ist. Das Kunstwerk stammt – zufällig zum Drama des aktuellen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo passend – von dem chinesischen Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei.
Eine aufwendige Arbeit, denn jeder der Sonnenblumenkerne wurden einzeln gebrannt, handbemalt und erneut gebrannt. Zwei Jahre lang haben über 600 Kunstarbeiter in der chinesischen Porzellan-Stadt Jingdezhen an dem Kunstwerk gearbeitet.
Sonnenblumenkerne sind für viele Chinesen eines der wichtigsten Nahrungsmittel. Zugleich verkörpern die Kerne das chinesische Volk, ist doch ein jeder als Sonnenblume treu und ergeben im Licht der Sonne Maos gewachsen. Die Produktion der künstlichen Kerne ist ein symbolischer Akt. Jede der individuell geformten Porzellanhülsen soll das Potential des individuellen Ausdrucks in der grauen Masse unterstreichen. Jeden Abend muss das durch die Besucher zerwühlte Feld wieder geharkt und in Form gebracht werden, die Spuren der Besucher beseitigt werden. Ähnlich wie das chinesische Regime Spuren im Internet sperrt oder löscht.
Auch der Blog von Ai Weiwei ist gerade nicht verfügbar. „Der freie Geist ist unbezahlbar, er ist eine der Voraussetzungen für das Glück eines Menschen“ lautete ein Kommentar des Künstlers zur Situation der Internetfreiheit in China. Die 150 Tonnen Porzellan sollen übrigens am Ende der Ausstellung zurück nach China transportiert werden.